The following post comes to us from Dr. Jutta Lambrecht of Westdeutscher Rundfunk (WDR):
Wednesday Afternoon chez Oma Hertz
IAML Congress Roma, 6. Juli 2016
Die derzeitigen Temperaturen von über 30 °C (und das Mitte September in Europa!) erinnern sehr an die während unseres Kongresses in Rom, und so will ich noch schnell bei paar Erinnerungen zum Kongreßtagebuch beitragen.
Über Jahre hinweg war der Mittwoch ein Garant für Temperaturstürze oder plötzlich einsetzende Regenfälle, und hunderte von Anekdoten ranken sich um die Wednesday Excursions. Die Qual der Wahl beginnt schon bei der Anmeldung, wenn man sich definitiv für einen Ausflug entscheiden muß. Diesmal (zumindest für mich) nicht: Ziemlich weit unten, als Ausflug Nr. 12 gab es „Villa Medici und Bibliotheca Hertziana“, was hätte damit konkurrieren können?
Glücklicherweise hat ein langjähriger Aussteller anstelle der üblichen Schreibutensilien ein dem Tagungsland angepaßtes Give away gewählt, und so konnten wir uns entsprechend ausgestattet (Photo 1) am Fuß der Spanischen Treppe (eine der vielen Großbaustellen in Rom) treffen. Nachdem unsere noch fehlende Generalsekretärin in einem Café aufgespürt worden war, konnte es losgehen: mit dem Aufzug hinauf zum Viale Trinità dei Monti). Dort war unser erstes Ziel die Villa Medici, die im 16. Jahrhunderts auf den Überresten der antiken Villa des Lucius Licinius Lucullus erbaut wurde (Photo 2). Seit 1803 beherbergt sie die Académie de France à Rome. Durch den prachtvoll angelegten Garten (Photos 3 u. 5)ging es zu einem Pavillon, dessen Wandmalereien vor nicht allzu langer Zeit bei Renovierungsarbeiten freigelegt wurden. Die mehr oder (bei exotischen Tieren eher) weniger naturgetreuen Darstellungen von Jacopo Zucchi geben ein Zeugnis für die Flora und Fauna des 16. Jahrhunderts (Photo 4). Der Rückweg führte durch das Innere der Villa Medici und über eine steinerne Wendeltreppe zurück ins Erdgeschoß (Photo 6).
Auf dem anschließenden Fußweg zum Palazzo Zuccaro in der Via Gregoriana schrumpfte die Teilnehmerzahl schon merklich (selber schuld!). Dort befindet sich seit ihrer Gründung die Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut, hervorgegangen aus der Stiftung der Kölnerin [!] Henriette Hertz (1846–1913) [Photo 7]. Wir wurden von Dr. Golo Maurer, dem kommissarischen Leiter der Bibliothek empfangen und durch die Gebäude geführt. Spätestens 1889 hatte Henriette Hertz gemeinsam mit ihrer Schulfreundin Frida Mond und deren Ehemann Ludwig, Teile des Palazzo Zuccaro als zweiten Wohnsitz in Rom gemietet. Die von Henriette Hertz im Palazzo Zuccari organisierten gesellschaftlichen Zusammenkünfte reflektierten ihr großes Interesse für Musik, Kunst und Literatur. [Nicht zu verwechseln mit der Berlinerin Henriette Herz (1764–1847), die ebenfalls einen Salon führte]. Zusammen mit dem Kunsthistoriker Ernst Steinmann (1866–1934) entwickelte Hertz das Konzept der künftigen Bibliotheca Hertziana, einer Forschungseinrichtung zur Untersuchung der italienischen und insbesondere der römischen Kunstgeschichte, die Wissenschaftlern aus aller Welt offen stehen sollte. Kurz vor ihrem Tod vermachte Henriette Hertz die Gebäude, ihre Sammlungen und einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens der neugegründeten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (heute Max-Planck-Gesellschaft), so daß die Bibliothek 1913 als Institut der Gesellschaft eröffnet werden konnte.
Heute erstreckt sich die Bibliothek über mehrere Gebäude: Neben dem Palazzo Zuccaro (Photo 8) und dem Palais Stroganoff (Photos 9 u. 10) bildet der 2013 eingeweihte neue Bibliotheksbau nach dem Entwurf von Juan Navarro Baldeweg das moderne Herz mit Magazinen und Lesesaal. Es war ein einmaliger Glücksfall, daß im 21. Jahrhundert so viel Geld für den Neubau einer geisteswissenschaftlichen Bibliothek bewilligt wurde, betonte Golo Maurer. Die Nutzer der mehr als 307.000 Bände umfassenden Bibliothek und der Photosammlung mit rund 831.000 Bildern erwarten paradiesische Arbeitsbedingungen, wie keiner der Exkursionsteilnehmer sie aus seinen eigenen Institutionen kennt (Photo 11). Unser Weg führte uns über unterirdische Tiefen (einer Brunnenanlage aus dem ersten Jahrhundert, die bei den Bauarbeiten entdeckt worden war) bis zur Dachterrasse (Photo 12) mit herrlichem Blick auf Rom, wo wir uns schweren Herzen von Golo Maurer verabschieden mußten, wegen unserer vielen Zwischenfragen viel später als veranschlagt. Auch an dieser Stelle noch einen großen Dank an unseren sachkundig und zugleich kurzweiligen Cicerone! Von dieser Mittwochsexkursion werden wir noch lange schwärmen! → Bibliotheca Hertziana
16.09.2016
Jutta Lambrecht, Westdeutscher Rundfunk Köln