IAML Rome Congress Diary / Kongresstagebuch #7: German / deutsch (Germany / Deutschland

The following has reached us from Peter Sühring (Berlin), an accompanying person at the IAML Congress in Rome:

Im Damenprogramm nach Ostia Antica
Bericht einer Begleitperson von der IAML-Konferenz in Rom

Wenn Männer sich früher zu wichtigen Verhandlungen trafen, suchte man eine Beschäftigung für die mitreisenden Partnerinnen. Das nannte man „Damenprogramm“. Heutzutage sitzen aber Frauen mit am Verhandlungstisch, bei Bibliothekskongressen sind sie sogar die Hauptakteurinnen, daher spricht man heutzutage gender correct vom „social programme“.

Als Erstes sorgte die Person, die ich begleiten durfte, gleich nach der Anmeldung dafür, dass mein Namensschild („Hundemarke“) meinem Status entsprechend aufgewertet wurde. Nicht wie sie aus einem Dorf zwischen Köln und Bonn sollte ich kommen, sondern wahrheitsgetreu aus der Weltstadt Berlin. Nicht nur die private bessere Hälfte sollte ich sein und mit Musikbibliotheken nichts zu tun haben, sondern: auch als Rentner habe ich doch noch einen Job, der mich mit der Welt der Musikbibliothekare eng verbindet: als Indexer von RIPM. Also: „Peter Sühring, Berlin, RIPM“ prangte nun gleich bei der Opening Reception über meinem Bauchnabel. Aber wer will da in gebückter Haltung schon hinschauen? (Soll das eine Kritik an der Länge des Halsbands sein, die das IAML-Organisationskomitee ausgewählt hat? Ja!).

Dann gleich die nächste Überraschung bei der Anmeldung. Es gibt eine weitere Möglichkeit für eine spontane Besichtigungs-Tour zusätzlich zum „Damenprogramm“: Falls sich bis Montagnachmittag 15 Interessierte melden würden, könne man schon am Dienstag-Vormittag mit nach Ostia Antica fahren, in die altrömische Ruinenstadt, die früher die Hafenstadt des Hauptstadt des Römischen Reiches war. Natürlich habe ich sofort zugesagt. Montagnacht um 23.45 Uhr kam dann vom Organisationskomitee die elektronische Nachricht über den Treffpunkt der Ostia-Gruppe. Welch Segen der Technik, dass alle, die stets online sind und smart leben, noch rechtzeitig über alles Wissenswerte informiert werden können! ‑ allerdings wäre ich als Internet-Muffel ohne die begleitete Person aufgeschmissen gewesen.

Treffpunkt vor dem Parco della Musica, Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Rom und aus Rom heraus. Dass das nicht einmal mit Begleitung einer Römerin (wahrscheinlich einer Autofahrerin) problemlos geht, zeigte sich bald (s. Photos). Ich war fein raus, ich hatte ein Wochenticket, aber manch einem blieb nur das Schwarzfahren übrig. Das stellte sich spätestens beim Umsteigen von der Tram in die Metro als unmöglich heraus. Nach zweimaligem Umsteigen dann mit dem Vorortzug an einem Juli-Vormittag nach Ostia zu fahren, ist sehr lustig. Man ist unter den einheimischen Badegästen, die an den Strand (also an die Endstation) wollen und kann das römische Familienleben und das Benehmen der ragazzi studieren. Man muss nur das Glück haben, ihnen gegenüber und nicht neben ihnen sitzen zu dürfen.

Exit in Rome

Jeder Besuch der Ruinen einer alten antiken Stadt am Mittelmeer macht traurig. Man wird an die Vergänglichkeit gemahnt, an die Unerbittlichkeit der Geschichte und an das, was durch sie zerstört wurde. Je mehr die Gebäude in ihrer ursprünglichen Gestalt noch sichtbar sind, umso mehr. Die immer noch sichtbare oder durch die redselige Führerin leicht erklärbare frühere Funktion aller Gebäude für Handel und Wandel, Handwerk, Religion, Vergnügen und Bildung ist in Ostia besonders deutlich. In einer Straße sah man sogar ein Haus in seiner ursprünglichen Höhe von drei Etagen. Natürlich sind auch hier die wenigen übrig gebliebenem Statuen farblos, aber die vielen Mosaiken vor den Häusern, an denen die Waren gelöscht wurden, geben Auskunft über alles, womit gehandelt wurde. Nur die kriegerischen Elefanten Hannibals mussten über die Alpen, die anderen kamen verschifft hier an und wurden als Tiersklaven gehalten.

Exit in Rome, another try
Ostia hatte einen hohen zivilisatorischen Standard, man staunte über die Infrastruktur und das technische Vermögen, für viele Erleichterungen des täglichen Lebens zu sorgen. Warum kam einem nur immerzu ein Vergleich mit den Defiziten des öffentlichen Lebens in den modernen Megastädten, wie z.B. in dem benachbarten Rom des 21. Jahrhunderts in den Sinn?

Peter Sühring, Berlin

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