This entry reaches us from Dr. Jutta Lambrecht, Westdeutscher Rundfunk (WDR) Köln, September 2017:
Seit dem IAML-Kongress in Tallinn im Jahr 2003 bin ich Fan des Baltikums. So freute ich mich sehr, dass der diesjährige Kongress in Riga stattfand. Normalerweise hänge ich nach dem Kongressbesuch ein paar Tage für meine persönliche Postconference an. Diesmal war es aber anders. Da ich einen Vortrag mit dem Titel „1938 - 1941 Zwischenstation Riga: Leo Blech, Generalmusikdirektor der Königlichen Oper Berlin, wird Erster Gastdirigent der Nationaloper in seinem lettischen Exil - Eine Spurensuche“ hielt, mußte ich mich vor Kongressbeginn auf die Suche begeben, um meine Ergebnisse später präsentieren zu können. Daher reiste ich bereits zwei Wochen eher nach Riga, um in Archiven und Bibliotheken nach Material zu suchen. Die Rigaer Exiljahre des jüdischen Komponisten und Dirigenten Leo Blech (1871-1958) sind weitestgehend unerforscht. Schon lange vorher hatte ich mit den entsprechenden Institutionen korrespondiert, so dass ich nach meiner Ankunft direkt die Dokumente sichten konnte (Abb. 04, 06). Auf diese Art und Weise lernte ich diese Institutionen nicht nur durch eine kurze Führung kennen, sondern konnte die echte Arbeitssituation erleben.
Die KollegInnen waren ausnahmslos sehr hilfsbereit; die Kommunikation klappte auf Englisch, Deutsch, und wenn es nicht mehr weiterging dank Google Translator auf dem Smartphone auch in Russisch oder mit meinem Wörterbuch Kauderwelsch Lettisch. Wort für Wort in Lettisch. So konnte ich russischsprachige Benutzerformulare (Abb. 02) ausfüllen, ich durfte in einer Bibliothek sogar freitags arbeiten, obwohl sie nicht für den Publikumsverkehr geöffnet war; der Betrag für Repros wurde mir „angeschrieben“, da die Kasse nicht besetzt war und man mir (zu Recht!) vertraute, dass ich in der nächsten Woche wiederkäme, um meine Schulden zu begleichen. Benutzt habe ich u.a. Bestände vom Latvijas Valsts arhīvs (Staatsarchiv), Rakstniecības un mūzikas muzejs (rmm, Musik- und Literaturmuseum; Abb. 05), Muzejs Ebreji Latvijā (Jüdisches Museum; Abb. 15), Opera arhīvs (Opernarchiv; Abb. 16) und natürlich von der Latvijas Nacionālā bibliotēka. Nur von einer Institution erhielt ich leider keine Antwort. Die Bibliotheks- und Archivbesuche führten mich quer durch die Stadt in Gegenden, in die ich sonst vielleicht nicht gekommen wäre, und so gelang mir der ein oder andere Schnappschuss (Abb. 01, 03, 10-14). In meinem Vortrag konnte ich ganz neue Ergebnisse und Dokumente präsentieren; daher gibt es von mir weder ein ausformuliertes Papier noch eine Powerpoint-Präsentation auf iaml.info. Ein Abstecher nach Vilnius zu zwei befreundeten Bibliothekarinnen, die in diesem Jahr leider nicht am Kongress teilnehmen konnten, rundete den Baltikumaufenthalt ab (Abb. 08, 09). Wieder einmal zeigte sich, wie klein die Welt ist: In Vilnius traf ich bereits eine halbe Stunde nach Ankunft zufällig meine ehemalige Chefin, die als Rentnerin an einer Baltikumrundreise teilnahm, und unser WDR-Sinfonieorchester befand sich ebenfalls auf Baltikumstournee (Abb. 07), so dass wir abends die litauischen Freundinnen zu einem Konzert im Rahmen des Musikfestes einladen konnten.
Mein herzlicher Dank geht an BI-International für ein großzügiges Reisestipendium, ohne das ich meine Kongressteilnahme hätte komplett selber finanzieren müssen. Meinen Kongressbericht findet man auf der Homepage von bi international, zusätzliche Bilder und Informationen auf der Facebookseite von Leo Blech.
(Alle Photos © Jutta Lambrecht)
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