Kölle alaaf!
Heute wird besonders im Rheinland (Köln, Bonn und Düsseldorf) Weiberfastnacht gefeiert; an diesem Tag führen die Frauen das Regiment. Krawattenträger müssen an diesem Tag um dieses Symbol ihrer Männlichkeit fürchten, denn viele Frauen sind mit Scheren bewaffnet und sammeln die abgeschnittenen Schlipse wie Trophäen. Die meisten Leute (Frauen und Männer) verkleiden sich und fahren morgens zu den üblichen Zeit als Pirat, Kuh, Prinzessin, Parkuhr, Teufel , Sträfling oder Banane verkleidet, mit Aktentasche oder Laptop zu ihrem Arbeitsplatz, wo sie zunächst ein paar Stunden ganz normal arbeiten. Man bekommt auf der Post von einem Sträfling seine Briefmarken, auf der Bank von einer Kuh sein Geld oder in der Musikbibliothek seine Partituren von Pippi Langstrumpf. Um 11.11 Uhr ist der offizielle Beginn des Karnevals, dann wird auf den Straßen und Plätzen, in den Büros und auch in den Bibliotheken gefeiert, getanzt und gesungen. Die Kölner haben einen eigenen Dialekt, das sog. "Kölsch" (so heißt hier übrigens auch das Bier, und man sagt, daß Kölsch die einzige Sprache ist, die man auch trinken kann).
Es gibt hunderte (wenn nicht tausende!) von Liedern in kölscher Sprache, viele davon sind Karnevalslieder. Das Schöne daran ist, daß an Weiberfastnacht plötzlich all diese Lieder so allmählich wieder auftauchen und nach ein paar Stunden Singen und Tanzen und Schunkeln sind alle Textunsicherheiten verschwunden; daß man dann auch heiser ist und man nächsten Tag mit einer Baßstimme aufwacht, sollte man nicht überbewerten.
In unserer Musikbibliothek haben wir glücklicherweise ein Klavier und Kollegen, die es bedienen können und einen Kollegen, der die Lieder extra für uns arrangiert (meist dreistimmig, Sopran, Alt und eine Männerstimme); wir haben mittlerweile schon unsere eigenen Songbooks, aus denen wir heute wieder kräftig gesungen haben.
Es gibt viele Bands, die ausschließlich kölsche Lieder singen; deren Texte sind durchaus nicht nur humorvoll, sondern auch sozialkritisch. So sind viele Bands auch politisch engagiert, z.B. im Kampf gegen Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit, ein Thema, das momentan leider wieder besonders aktuell ist. In Köln leben Menschen aus über 180 Nationen, und bereits im Jahr 2000 schrieb die Band "Bläck Fööss" (= barfuß) ihren Song "Unsere Stammbaum" als Appell für ein friedliches Miteinander. Das Lied gehört mittlerweile zu den Kölnhymnen; hier ist es zu hören und zu sehen in einer Aufnahme aus den WDR-Akaden, in denen sich z.Zt. noch zwei Etagen höher unser Informationszentrum befindet:
P.S. 1 Auf dem Photo singen wir noch die Kölsche Variante des Karnevalsliedes "Eschte Fründe"; von der Beethovenschen Fassung haben wir erst heute erfahren. Wir studieren sie selbstverständlich ein, aber ehrlich: Sie ist uns zu "drüsch" (zu trocken) und zu "stiff" (zu steif), nicht fetzig genug.
P.S. 2 Der Teufel ist ein polnischer Komponist, der immer gerne mit uns mitfeiert.
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