IAML Prague Congress Diary #8: RISM Group Post

The following is a group post from the RISM Zentralredaktion and originally appeared on the RISM website. It is posted here with kind permission.

Von Martin Bierwisch:

Nachdem ich 2020 in Bonn die Tagung der IAML Deutschland besucht hatte, war dies nun für mich die erste internationale IAML-Tagung. Da für mich als Musikwissenschaftler nicht alle musikbibliothekarischen Themen von Interesse waren, hatte ich mich für ein 2-Days-Ticket für Mittwoch und Freitag entschieden. Und natürlich stand der RISM-Day am Samstag auf dem Plan.

Meine Kollegin Kristina Krämer und ich reisten bereits am Sonntag mit dem Zug an. So hatten wir Zeit am Montag und Dienstag auch einiges an Museen und Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Die Stadt, welche uns mit den vielen Jugendstilbauten überraschte, hatte so vieles zu bieten, dass es unmöglich war, alles zu sehen. Am Montag stand beispielsweise das Smetana-Museum auf dem Plan, die Ausstellung war reich an Ausstellungsstücken und Quellenreproduktionen. Am Dienstag galt es einige Musikergräber zu finden – neben dem des Pianisten Alexander Dreyschock (am Donnerstag dann auch dessen Lehrer Tomášek) natürlich auch jene von Dvořák und Smetana (Vyšehrader Friedhof).

Am Mittwoch besuchten wir den Block “British music publishing and musical networks” bei dem mich besonders der Vortrag von Dominic Bridge interessierte, welcher zu Londoner Musikverlegern forscht und mit den einzigartigen Beständen an Musikdrucken der British Library (GB-Lbl) arbeiten kann. Als zweiter Block folgte dann “Facilitating collaborations between music libraries and academia”. Nach Beiträgen zu NFDI4Culture (Desiree Mayer) und wiederzuentdeckender Musik aus den Niederlanden (Aleksandra Markovic), ging es um das Projekt MARCMUS, das neue Forschungen an Handschriften in der Portugiesischen Nationalbibliothek in Lissabon (P-Ln) geplant hat.

Bevor es zum Ausflug am Nachmittag ging, konnte ich mir noch die ausgezeichnete Ausstellung “paper and lead” im Klementinum anschauen, zu dem es auch eine Ausstellungskatalog gab, den ich natürlich unbedingt haben musste.

Die Entscheidung welchen Ausflug man wählen sollte war nicht ganz einfach, da sie alle äußerst interessant klangen. Ich hatte mich für die Führung durch das jüdische Prag entschieden, bei der wir mehrere Synagogen besichtigten und viel zur jüdischen Geschichte und Gegenwart Prags lernten.

Am Donnerstag hatten wir dann wieder Zeit für weitere Erkundungen, die wir nutzten um u. a. die Prager Burg zu besuchen. Die Aussicht auf die Stadt war einmalig.

Der Freitag begann mit dem RISM-Block und den Neuigkeiten zum RISM-Opac und RISM-Online. Mittags hatte ich noch Zeit mir das Dvořák-Museum anzusehen, bevor es dann mit dem Block “Medieval manuscripts and invisible publishers” weiterging. Beim Vortrag von Maria Joao Albuquerque wurde sehr schnell klar, welch wichtige Rolle die Frauen der portugiesischen Musikverleger spielten und wir stark die personellen Verbindungen zu anderen Ländern waren. Am Nachmittag besuchten wir dann noch das Tschechische Museum der Musik, bei dem uns die einfallsreiche Sonderausstellung besonders gut gefiel.

Der gut besuchte RISM-Day am Samstag bot nach einleitenden Worten von Klaus Pietschmann Gelegenheit Klaus Keil nun auch offiziell als Leiter der Zentralredaktion zu verabschieden. Herr Keil gab einen Rückblick auf 30 Jahre Arbeit und betonte die Relevanz und Möglichkeiten von RISM für die internationale Forschung. Danach fasste Frau Eliška Šedivá die vielfältigen Aktivitäten der tschechischen Arbeitsgruppe zusammen und stellte den neuesten thematischen Katalog vor. Nach einer kurzen Pause gab Jennifer Ward einen Überblick zur Katalogisierung von Drucken mit Muscat, bei dem vor allem Fragen der Nutzer im Vordergrund standen (Slides - PDF). Ich konnte anschließend ein paar Überlegungen zu Datierungsfragen geben. Dabei wurde klar, dass es schwierig sein kann, die vielen Möglichkeiten und Probleme alle im Auge zu behalten. An einigen Beispielen versuchte ich darzustellen, wie unterschiedlich die Herangehensweisen sein können und welche Gefahren der Fehldatierung lauern. Im nächsten Abschnitt ging es noch einmal um den RISM-Opac und RISM Online. Da RISM Online nun für alle ganz neu war, stellten sich vielerlei Fragen zu Suchmöglichkeiten und Weiterentwicklungen. Dabei wurde auch wieder sichtbar, dass die Suchergebnisse von der standardisierten und genauen Datenerfassung abhängen. Zum Abschluss folgte noch der Bericht zum Incipit Projekt und die Coffee Hour, bei der noch einmal die Möglichkeit bestand, offene Fragen zu diskutieren.

Wer möchte kann auch gerne ein paar meiner Eindrücke auf Twitter ansehen. #iaml2022

Von Martina Falletta:

Endlich war es wieder möglich bei einem IAML-Kongress persönliche Kontakte zu knüpfen, auszubauen und zu pflegen. Die Wiedersehensfreude bei bekannten Gesichtern war groß. Ausgestattet mit einem Zwei-Tages-Ticket für die Vorträge und Veranstaltungen am Donnerstag und Freitag, beeindruckte mich zunächst die Kulisse der Hall C - der Mirror Chapel im Klementinum. Es bedurfte einer besonderen Portion Konzentration, um den Referaten zu folgen und sich nicht von den Räumlichkeiten ablenken zu lassen. Von dem vielfältigen Angebot der Tagung interessierte mich bei den Poster Sessions speziell das im Aufbau befindliche Joseph Haydn Online Werkverzeichnis, das von Joshua Neumann vorgestellt wurde. Weiterhin besuchte ich verschiedene Themenblöcke, in denen es beispielsweise um Quellen zur Erforschung des kirchlichen Musiklebens vom 17. bis 19. Jahrhundert im heutigen Polen und Österreich, besondere Anwendungen der Katalogisierung oder den spannenden thematischen Spagat zwischen mittelalterlichen Handschriften der Slowakei und den “unsichtbaren” portugiesischen Verlegerinnen des 19. Jahrhunderts ging. Zum angenehmen “Pflichtprogramm” gehörten die RISM Sitzung am Freitagvormittag sowie im Nachgang der RISM Day mit vielen anregenden Fachgesprächen. Und trotz des gut gefüllten Tagungsprogramm blieb noch genügend Zeit, um die Ausstellung “paper and lead” im Klementinum zu besuchen, durch die beeindruckende Stadt zu schlendern und die ein oder andere Sehenswürdigkeit mitzunehmen.

By Jennifer Ward:

Traveling from Dresden to Prague on an overcrowded train (standing room only) made me briefly forget the pandemic, but seeing all my wonderful colleagues at the Opening Ceremony suddenly brought the past two years of isolation back to the forefront: who are these 3-D humans trying to interact with me, and why aren’t they six inches tall like on the Zoom screen? Over the next few days I gradually got over the shock of being around real people again and got used to social interactions. In many ways it quickly settled back into business as usual, with the RISM session and our now traditional Muscat workshop to introduce music librarians to our cataloging practices and the international database. This was balanced by a broad range of sessions where I was able to learn about things on a very micro level (music from Prague, music printing in Prague, Czech composers) but also take a step back and see where new methodologies could be applied to a variety of issues across the board, like searching notation or musical features (as demonstrated in the Digital Libraries for Musicology joint session), creating reliable performing editions of music in the public domain (Bibliography Section session), and figuring out how music librarians and institutions can play a role in the vibrant Wikidata community (Cataloguing and Metadata Section meeting). In a week full of new experiences, one of the most memorable for me was visiting the Antonín Dvořák Memorial outside of Prague during the Wednesday excursion and having a guided tour by none other than the great-grandson of Dvořák himself. This made the composer’s music come alive for me: the long distance from Prague, the adventure of getting there and back, the spatial arrangement of Dvořák’s rooms and seeing his piano, everything still being owned by the family, nature, birdsongs, walking in the woods. Even in just my limited experience, it all felt very Czech.

Von Guido Kraus:

Nach einer dreijährigen Pandemie bedingten Pause war es wieder soweit. Das internationale Musikbibliothekswesen gab sich ein Stelldichein in der historischen Metropole Prag ganz frei von Pandemiebeschränkungen. In meiner Erinnerung behalte ich die Erfahrung einer dichten und ereignisreichen Zeit, in deren Mittelpunkt neben all den musikalischen Ereignissen vor allem auch die vermissten sozialen Kontakte mit den vielen Kolleginnen und Kollegen aus Europa und Übersee standen.

Wie ereignet sich Musik auf einem IAML-Kongress? Natürlich in vielfältiger Form: Für Musikbibliothekare/innen und Musikolog/innen zunächst auf dem Papier. Es wird über Musik geschrieben und geredet. Viele Vortragsreihen fanden gleichzeitig statt. Sie hatten musikalische Quellen in all ihren Erscheinungsformen zum Thema; die singuläre Quelle kam zu ihrem Recht und ebenfalls ganze Bibliotheksbestände. Fragen des Musiklebens und der Musikwirtschaft fanden ihre Beachtung, Kulturräume wurden abgesteckt. Epochengrenzen spielten keine Rolle. Big data war im Fokus.

Aber was ist ein Kongress der Musikbibliothekare ohne Konzerte? Natürlich nichts. Fast jeder Abend war mit einem Konzertangebot ausgefüllt. Das akustische Ereignis eines Konzerts nach einem langen Tag auf Vorträgen oder Verbandskonferenzen, mit vielen Gesprächen in unterschiedlichen Weltsprachen war dann immer sehr wohltuend für den schweigenden Rezipienten. Die Konzerte boten zugleich Rekonvaleszenz und Kontemplation bei geistiger Anregung. Schließlich arbeitet der musikalische Verstand des Fachmanns auch im Konzert. Besonders hervorheben möchte ich das Konzert des Prager Epoque Quartet und das Konzert der Capella Regia Musicalis, die beide einen breiten Querschnitt tschechischer Musik aus vielen Epochen und Stilen darboten, Bekanntes und Unbekanntes.

Viele bemerkenswerte Veranstaltungen können an dieser Stelle nicht aufgelistet werden. Doch möchte ich auf einige wenige hinweisen. Das RISM und seine Projekte waren an mehreren Tagen Thema:
Am Montagnachmittag der IAML-Woche besuchte ich die Vorträge über Musikdokumentation des Forum of Sections, in denen RISM-Projekte eine Hauptrolle spielten. Unsere Kollegin Miriam Das Lehotska von der slowakischen RISM-Arbeitsgruppe, deren Arbeit ich schon so viele Jahre begleite, gab einen Überblick über die Entwicklungen der letzten Zeit mit einem Blick in die Zukunft, in der die Katalogisierung historischer Musikquellen im Vordergrund steht.

Unsere Kolleg*innen von RISM Griechenland stellten ihr Projekt im Rahmen der RISM Serie C vor, das nun nach drei Jahren seinen Abschluss fand. Sie entwickelten ein „Instruction manual for institutional authority records in MUSCAT“. Anhand eigener vieler Dutzend Bibliothekseinträge in der RISM-Normdatei für Institutionen haben sie ganz praktisch aufgezeigt, wie solche Einträge hergestellt werden sollten. Diesen Anfang wollen wir mit weiteren RISM-Arbeitsgruppen fortsetzen und so für eine Aktualisierung der RISM-Bibliothekssigel sorgen.

Am Mittwochmorgen stand die Arbeit der tschechischen Kolleginnen und Kollegen Z. Petrášková, V. Kapsa, V. Maňas und J. Spáčilová im Fokus, die neben ihrer Katalogisierungsarbeit für das RISM an thematischen Katalogen von Bibliotheksbeständen und Werkverzeichnissen von Komponisten arbeiten. Etwas Besonderes ist die Dokumentation und Erforschung von historischen Musikinventaren, deren Katalogisierung in MUSCAT ermöglicht werden wird. Denn zum Teil sind Inventare die letzten Nachweise für verlorene Bestände.

Der Nachmittag war für eine Gruppen-Exkursion reserviert, die uns an das Tschechische Museum für Musik führte. Das Musikmuseum verfügt über zwei besondere Bestände. Zum einen ist es die sehr umfangreiche Sammlung für Musikinstrumente und zum anderen die Sammlung historischen Notenmaterials - Manuskripte und Drucke aus böhmischen Beständen. Die Führung durch die Instrumentensammlung war sehr „anschaulich“. Drei Musiker*innen spielten auf historischen Klavieren und Violinen sowie auf einem Sechsteltonharmonium, das 1936 im böhmischen Jiříkov von der Firma August Förster auf Anregung Alois Habas hergestellt wurde.

Der frühe Freitagmorgen war ebenfalls für das RISM reserviert. B. Mikusi gab einen Bericht über die erfolgreichen Arbeitsergebnisse der RISM-Zentralredaktion und der RISM-Arbeitsgruppen ab, während die Kollegen der Bayerischen Staatsbibliothek München und vom RISM Digital Center Bern ihre neuesten Entwicklungen an den RISM Online-Katalogen präsentierten.

Am Nachmittag referierte Frau M. Joao Albuquerque von der Universität Lissabon über „unsichtbare“ Musikverlegerinnen im Portugal des 19. Jahrhunderts, die als Witwen versuchten, die Verlagsgeschäfte ihrer verstorbenen Männer weiterzuführen unter dem strikten Reglement männlicher Ständevertreter, die die Sichtbarkeit von Frauen im Verlagsgeschäft unterbanden.

Nach dem Kongress stand der RISM Day im Fokus, für den der ganze Samstag an der tschechischen Nationalbibliothek reserviert war. Doch hierzu an anderer Stelle mehr. Ganz zufrieden reiste ich am Sonntag wieder ab und zehre sicher noch sehr lange von den Erinnerungen an eine intensive Woche unter meinen Kolleginnen und Kollegen.

By Balázs Mikusi:

A legutóbbi két “élő” IAML-kongresszus közé ékelődő váratlanul hosszú szünet a magam személyes és szakmai életében is jelentős változást hozott: míg 2019-ben még a Országos Széchényi Könyvtár Zeneműtárát képviseltem, Budapestről érkezve Krakkóba, az idei prágai eseményen már a RISM frankfurti központjának igazgatójaként vehettem részt. A RISM-öt három évtizeden át vezető Klaus Keil eredeti tervei szerint az “őrségváltást” a (végül elhalasztott) 2020-as kongresszushoz kapcsolódó “RISM Day” tette volna emlékezetessé, alkalmat adva az ő méltó búcsújára és az én személyes bemutatkozásomra a RISM ügyeit szívén viselő szűkebb szakmai közösség előtt. Mindennek tudatában különös örömet jelentett számomra, hogy 2022-ben végül is sikerült megvalósítanunk e tervet, bárha némileg módosított formában, hiszen a kétéves csúszás folytán immár én mint regnáló igazgató hívhattam meg Klaus Keilt díszvendégként az idei eseményre. Reményeim szerint valamennyi jelenvolt hasznosnak érezhette ezt a különleges RISM-napot, amelynek keretében több mint 40 résztvevő cserélt eszmét a napi katalogizálás “best practice” részleteiről vagy éppen a jövőt érintő átfogóbb, stratégiai kérdésekről. E tekintetben pedig a “RISM Day” méltó nyitánya volt a Répertoire International des Sources Musicales alapításának 70. évfordulójáról megemlékező eseménysorozatnak is, amely a jövő héten az International Musicological Society athéni kongresszusán folytatódik majd, s a mainzi Akadémián október elején megrendezendő saját “Musical Sources: Past and Future” konferenciánkkal éri majd el csúcspontját.

The unusually long break between the two in-person IAML congresses of 2019 and 2022, respectively, accidentally marked a big change in my personal and professional life as well. While in Kraków I was still participating as head of music of the National Széchényi Library in Budapest, this time I was already representing the RISM Editorial Center of Frankfurt. Indeed, according to the original plans of Klaus Keil, long-term director of the RISM Zentralredaktion, the 2020 Prague congress should have marked the changing of the guard: his farewell after three decades of service and my introduction to the larger RISM community as part of a special RISM Day appended to the IAML congress. With all that in mind it proved a special pleasure for me that we could now make up for those plans, after all, even if with a twist: due to the two-year delay it was me, the active director, who could invite Mr. Keil as a special guest to our 2022 event. I hope all of our guests shared my impression that the RISM Day proved a great success with over 40 participants and a good deal of fruitful discussion about matters ranging from tiny “best practice” details of cataloguing to larger strategic issues. In this sense, the occasion certainly proved a worthy overture to the series of events marking RISM’s 70-year anniversary, which is about to continue next week at the quinquennial IMS congress in Athens and in early October at our own “Musical Sources: Past and Future” conference to be held at the Academy of Sciences and Literature in Mainz.

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